· 

Die Geheime Methode der Sieben Verbindungen (Qi Lianxi Neifa)

Einleitung
Qi Gong und Taiji Quan werden häufig nur als gymnastische Bewegungen ausgeführt. Denn Xinfa, die Methode, das Bewusstsein richtig einzusetzen, wird nur selten vermittelt. Tatsächlich sind die Formen und Bewegungen der Inneren Künste nur als Gefäße zu verstehen, die mit spezifischer Aufmerksamkeit gefüllt sein wollen. Nicht die körperliche Ausführung ist das Entscheidende, sondern das, was in dieser Ausführung geschieht. Ein wesentlicher Bestanteil der geistigen Übungsmethode (Xinfa) sind dabei die sogenannten Sieben Verbindungen (Qi Lianxi):

    1) Oben - Unten
    2) Arme - Beine
    3) Rechts - Links
    4) Lösen - Öffnen
    5) Innen - Außen
    6) Geist - Körper
    7) Ruhe - Bewegung

1) Oben und Unten verbinden
Die optimale Ausrichtung des Körpers im Kraftfeld der Erde ist die Grundlage des Qi Gong und Taiji Quan. Nur so werden Verwurzelung, Zentrierung und die Entspannung des gesamten Körpers möglich. Doch neben biomechanischen Aspekten geht es beim Verbinden von Oben und Unten auch um das Herstellen des rechten energetischen Gleichgewichtes. Das Qi muss beispielsweise ungehindert zu den Füßen und in die Erde sinken, um auf gesunde Weise wieder steigen zu können. Auch soll der Oberkörper yang, der Unterkörper yin sein. Dann wird es möglich, einen leichten und agilen Oberkörper auf einem kraftvollen und stabilen Unterkörper zu erhalten.

2) Arme und Beine verbinden
Dieses Prinzip ist eine Weiterführung des zuerst genannten. Die Arme gehören zum Oben (Yang) und die Beine zum Unten (Yin). Gemeint ist nicht allein, dass sich Arme und Beine koordiniert bewegen, sondern vielmehr die Kraft der Arme in den Beinen wurzelt. Darauf bezieht sich auch der Kommentar zu den Zehn Prinzipien des Yang Chengfu: „Die Kraft wurzelt in den Beinen, wird von der Taille übertragen und äußert sich in den Händen.“.

3) Rechts und Links verbinden
Die Bewegungen beider Arme bzw. Hände müssen im Einklang geschehen. Das ist relativ leicht, wenn sich rechts und links völlig gleichgerichtet bewegen. Schwieriger wird es, wenn die Arme und Hände unterschiedliche Funktionen annehmen, wenn eine Hand yin, die andere yang wird. Obwohl sich nun rechts und links völlig unterschiedlich bewegen, müssen sie doch im perfekten Einklang miteinander agieren. Rechts und links verbinden bedeutet daher auch voll und leer unterscheiden. Dieses Prinzip wird besonders deutlich in der Beinarbeit, also während der Schwerpunktverlagerung und Fortbewegung.

4) Lösen und Öffnen verbinden
Lösen (song) ist ungenügend ohne das Öffnen (kai). Und Öffnen ist nicht möglich ohne das Lösen. Um dies zu verdeutlichen, balle man eine Hand zur Faust. Das Entspannen der Faust führt automatisch zum Öffnen der Hand. Besonders in Yang-Bewegungen, die mit einem Strecken der Arme und Beine einhergehen, ist das Lösen besonders zu beachten; in Yin-Bewegungen hingegen, die mit einem Beugen der Arme und Beine einhergehen, darf keine Schlaffheit entstehen. Erst mit dem Üben des unentwegt ineinandergreifenden song und kai kann jede Bewegung und Position geschmeidig, lebendig und natürlich werden.

5) Innen und Außen verbinden
Außen meint die Peripherie des Körpers und das Ausdehnen der Kraft. Innen meint das Zentrum des Körpers und das Verdichten der Kraft. Nun ist es entscheidend, dass während dem Ausdehnen gleichzeitig auch ein Verdichten (Zentrieren) stattfindet. Je stärker eine ausdehnende Kraft wird, desto mehr muss man sich des Zusammenhalts und der Zentrierung bewusst sein. Und andersherum muss im Sammeln und Verdichten auch immer eine ausdehnende Kraft sein, nur so bleibt eine Position und Bewegung voll innerer Stabilität und Lebendigkeit.

6) Geist und Körper verbinden
Der Geist lenkt den Körper, der Körper beeinflusst den Geist. Erst, wenn wir uns dieses Wechselspiels bewusst werden, können wir beginnen, diesen Umstand für die Innere Arbeit zu nutzen. Keine Bewegung geschieht dann ohne eine vorausgehende Absicht/Vorstellung (Yi). So erfüllt sich die Maxime der Traditionellen Chinesischen Medizin: „Das Qi folgt der Absicht, der Körper folgt dem Qi“. Wenn dies zur Vollendung kommt, verschmelzen Geist und Körper, und Bewegung geschieht von innen heraus als unmittelbarer Ausdruck der Absicht des Geistes.

7) Ruhe und Bewegung verbinden
Ruhe bedeutet weder Stillstand noch Abwesenheit von Lärm. Ruhe meint hier einen Zustand innerer Stille, Achtsamkeit und Harmonie. Innen Ruhe, außen Bewegung. Oder auch: In der Bewegung ist die Ruhe. Genauso gilt aber auch, dass in der Ruhe (z.B. in stillen Standpositionen) unentwegt Bewegung ist. Wird dieses Prinzip vollendet, gibt es in gewisser Weise niemanden mehr, der sich bewegt, und niemanden, der ruhig ist, denn jede persönliche Absicht ist verschwunden. Das Bewusstsein des Übenden ist leer, verwurzelt in Sein und Achtsamkeit und in völliger Übereinstimmung mit dem Moment. Dann wird Wuwei, die oberste und so oft missverstandene Maxime des Daoismus – das  „Wirken ohne Handeln“ – möglich.

 

Copyright © Torsten Schiz 2018