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Ein Hoch auf den Inneren Schweinehund

Was für ein Morgen! Genervt und schwermütig schleppe ich mich auf meine Yogamatte. Ich spüre es deutlich: Heute wird so ein Tag, an dem ich einfach nichts mit mir anfangen kann. Ich fühl mich so, wie es draußen aussieht, grau und trüb. So ist es gar nicht verwunderlich, dass mein Vorhaben, intensiv Yoga zu praktizieren, sofort von meinem Inneren Schweinehund boykottiert wird. „Oh nee, bloß nicht anstrengen. Hab heute einfach keine Lust“, höre ich ihn nörgeln. Aber Gott sei Dank gibt es da noch eine andere Stimme in mir und die sagt: „Macht doch nichts. Dann eben nur ganz klein stapeln, wie es eben geht. Setz dich hin und nimm einfach deinen Atem wahr - das schaffst du!“ 

So begebe ich mich also in den Schneidersitz, schließe die Augen und erlaube mir ganz einfach, ich selbst zu sein. Ich spüre den Boden unter mir und gebe mein Gewicht ganz bewusst an die Erde ab - ich lasse mich tragen. Allen Widerstand, jede Erwartung lasse ich los. Es gibt nichts zu erreichen.

Mein Atem fließt relativ flach, kaum spürbar, und die Gedanken sind überall verstreut. Doch mit jedem Atemzyklus spüre ich, wie mein Atem tiefer wird und ich damit zunehmend ruhiger und zentrierter. Nach einer Weile sinkt meine Aufmerksamkeit von selbst in den Bauchraum hinab. Mit der Einatmung wölbt sich der Bauch, mit der Ausatmung senkt sich der Bauch – ganz sanft lasse ich die Bauchatmung tiefer werden. Immer mehr komme ich bei mir an und damit entwickelt sich ganz spontan die Freude am Sein. Spielerisch gehe ich jetzt in die volle Yogaatmung über, genieße, wie die Luft meine Lungen bis zu den Schlüsselbeinen  füllt und mir neue Energie schenkt. Die Schwere und Trägheit des Morgens fällt von mir ab und ich fühle mich innerlich weit, frei und sprichwörtlich aufgeladen. 

Jetzt ist es mir ein Leichtes, mich auch der Asana-Praxis zuzuwenden. Nach ein paar Lockerungsübungen folgen einige Durchgänge Surya Namaskar, des Sonnengrußes, und ganz natürlich schließt sich sogar noch eine Reihe anderer aufeinander abgestimmter Asanas an. Plötzlich, während ich mich dem wohligen Gefühl der abschließenden Tiefenentspannung hingebe, muss ich schmunzeln. Ich frage mich, ob ich die Übungszeit etwa auch dann so nährend und bereichernd empfunden hätte, wäre der berüchtigte Innere Schweinehund anfangs nicht so groß gewesen. Der Schweinehund ist gegangen, mein Lächeln aber bleibt und motiviert starte ich jetzt in den Tag! Ein Hoch auf den Inneren Schweinehund!

 

Copyright © Diana Richter 2018